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Mieter, die aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ihre Mietzahlungen einstellen, brauchen momentan eine Kündigung durch ihren Vermieter wegen Zahlungsverzuges nach § 543 Abs. 2 S.1 Nr. 3 BGB nicht zu fürchten. Doch riskieren sie durch die Nichtzahlung womöglich den Verlust ihrer Mieterdienstbarkeit?
Mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (nachfolgend „COVID-19-Pandemie-Gesetz“) wollte der Gesetzgeber Mietern eine „Verschnaufpause“ in der Corona-Krise verschaffen. Der darin enthaltene Kündigungsausschluss schützt Mieter vor dem Verlust ihrer Wohnung oder Gewerbefläche durch Kündigung, wenn sie aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ihre fälligen Mieten nicht weiter zahlen können.
Siehe hierzu bereits unseren Blogbeitrag.
Insbesondere gewerbliche Großmieter haben ihre Standorte über den Mietvertrag hinaus durch eine Mieterdienstbarkeit grundbuchlich absichern lassen. Diese Mieterdienstbarkeiten, die eingetragenen Grundpfandrechten im Rang vorgehen sollen, entsprechen üblicherweise dem Vorschlag der Vereinigung der Deutschen Pfandbriefbanken e. V. hinsichtlich einer typisierten Bestellungsurkunde einer Mieterdienstbarkeit („VDP-Standard“). Der VDP-Standard sieht jedoch vor, dass die Mieterdienstbarkeit unter der auflösenden Bedingung des Eintritts – unter anderem – des folgenden Erlöschensgrundes steht:
Der Berechtigte oder seine Rechtsnachfolger erfüllen die laufenden Mietzahlungsverpflichtungen aus dem Mietverhältnis oder die Entgeltzahlungsverpflichtung aus der Dienstbarkeit gegenüber dem/den jeweiligen Eigentümer/-n oder einem Zwangsverwalter entsprechend § 543 Abs. 2 S.1 Nr. 3 BGB nicht;
Läuft der Mieter nun Gefahr, sein dingliches Nutzungsrecht aus der Mieterdienstbarkeit zu verlieren, wenn er aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie die Miete nicht weiter zahlt? Der Verlust der Mieterdienstbarkeit hätte für den Mieter wiederum gravierende Folgen:
Das COVID-19-Pandemie-Gesetz selbst enthält keine Regelung in Bezug auf Mieterdienstbarkeiten. Es setzt lediglich das Recht des Vermieters, aufgrund Zahlungsverzuges zu kündigen temporär aus. Die auflösende Bedingung der VDP-konformen Mieterdienstbarkeit knüpft aber ihrem Wortlaut nach nicht an den Ausspruch der Kündigung durch den Vermieter an, sondern an einen § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB entsprechenden Zahlungsverzug des Mieters. Grundsätzlich erlischt die Mieterdienstbarkeit folglich selbst dann, wenn der Vermieter sich trotz zur Kündigung berechtigenden Zahlungsverzuges gegen eine Kündigung des Mietvertrages entscheidet. Die Regelung ist objektiv ausgestaltet, das heißt, eine Überprüfung der Gründe für die Nichtzahlung findet nicht statt.
Möglicherweise könnte aber aus dem Sinn und Zweck des im COVID-19-Pandemie-Gesetzes normierten Kündigungsausschlusses auch auf eine Einschränkung des Erlöschensgrundes für die Mieterdienstbarkeit geschlossen werden:
Im Ergebnis verhindert das COVID-19-Pandemie-Gesetz zwar, dass Gewerbetreibende die angemieteten Räume und Flächen und damit die Grundlage ihrer Erwerbstätigkeit durch eine Kündigung des Vermieters verlieren. Die Mieter werden voraussichtlich jedoch nicht vor dem Verlust der Mieterdienstbarkeit gesichert, wenn sie die Mietzahlung einstellen und damit die auflösende Bedingung auslösen, die formularmäßig für diesen Fall in den Dienstbarkeitsurkunden enthalten ist. In Zeiten, in denen Mieter oft von mehreren Seiten zu einem forschen Vorgehen gegen ihre Vermieter ermutigt werden, sollte dieser Aspekt bei der Entscheidung über eine Einstellung der Mietzahlung mit abgewogen werden.
Verfasst von Dr. Roland Bomhard, Sabine Reimann, Dr. Martin Haase, and Sabine Adams.