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COVID-19 – Änderung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage im Gewerbemietrecht geplant

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Bun­des­re­gie­rung plant, Nut­zungs­be­schrän­kun­gen auf­grund staat­lich an­ge­ord­ne­ter Co­ro­na be­ding­ter Maß­nah­men grund­sätz­lich als Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge von Miet-/Pacht­ver­hält­nis­sen zu qua­li­fi­zie­ren

Die Bun­des­re­gie­rung und die Mi­nis­ter­prä­si­den­ten ha­ben am 13.12.2020 be­schlos­sen, dass für Ge­wer­be­miet- und Pacht­ver­hält­nis­se, die von staat­li­chen Co­vid-19 Maß­nah­men be­trof­fen sind, ge­setz­lich ver­mu­tet wird, dass er­heb­li­che (Nut­zungs-) Be­schrän­kun­gen in Fol­ge der Co­vid-19-Pan­de­mie ei­ne schwer­wie­gen­de Ver­än­de­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge (§ 313 BGB) dar­stel­len kön­nen.

Bis­he­ri­ge Recht­spre­chung:

In un­se­rem Blog-Bei­trag vom 30.10.2020 hat­ten wir be­reits über die ers­ten Ent­schei­dun­gen zur Miet­zah­lungs­pflicht wäh­rend pan­de­mie­be­ding­ter Be­schrän­kun­gen be­rich­tet.

Die Land­ge­rich­te Hei­del­berg, Zwei­brü­cken und Frank­furt a.M. hat­ten in den je­weils be­ur­teil­ten Fäl­len ge­ur­teilt, dass die Miet­zah­lungs­pflicht bei staat­lich an­ge­ord­ne­ten Schlie­ßun­gen im Er­geb­nis voll be­ste­hen bleibt. In­zwi­schen hat ähn­lich auch das LG Stutt­gart in ei­nem Ur­teil vom 19.11.2020 ent­schie­den. So hat­te das LG Hei­del­berg ei­ne Miet­re­duk­ti­on auf­grund ei­ner Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge nach § 313 BGB ab­ge­lehnt, weil zwar ei­ne Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge vor­lie­ge, dem Mie­ter die Fort­zah­lung der Mie­te aber wei­ter­hin zu­mut­bar sei, wäh­rend das LG Mün­chen I (34. Zi­vil­kam­mer) zu dem Schluss kam, dass die un­ver­än­der­te Miet­zah­lungs­pflicht dem Mie­ter nicht zu­ge­mu­tet wer­den konn­te. Die Bruch­li­nie ver­lief da­bei we­ni­ger bei der Fra­ge, ob ei­ne Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge über­haupt vor­liegt, son­dern eher bei der Fra­ge, ob, die­se un­ter­stellt, im kon­kre­ten Fall ei­ne An­pas­sung der Miet­hö­he ge­recht­fer­tigt ist.

Be­schluss der Bun­des­re­gie­rung:

Die Bun­des­re­gie­rung und die Mi­nis­ter­prä­si­den­ten ha­ben die Auf­fas­sung des LG Mün­chen, durch Ih­ren Be­schluss vom 13.12.2020 be­stärkt bzw. be­stä­tigt, so­weit dies das ob­jek­ti­ve Vor­lie­gen ei­ner Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge an­geht. In dem Be­schluss vom gest­ri­gen Tag wur­de be­schlos­sen, dass für Ge­wer­be­miet- und Pacht­ver­hält­nis­se, die von staat­li­chen Co­vid-19 Maß­nah­men be­trof­fen sind, ge­setz­lich ver­mu­tet wer­den soll, dass er­heb­li­che (Nut­zungs-) Be­schrän­kun­gen in Fol­ge der Co­vid-19-Pan­de­mie ei­ne schwer­wie­gen­de Ver­än­de­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge dar­stel­len kön­nen. Da­mit sol­len laut dem Be­schluss Ver­hand­lun­gen zwi­schen Ge­wer­be­mie­tern bzw. Päch­tern und Ei­gen­tü­mern ver­ein­facht wer­den.

Auch wenn nach der Um­set­zung des Be­schlus­ses klar sein wird, dass bei ei­ner durch Co­ro­na-Maß­nah­men be­ding­ten Schlie­ßung ei­ne Ver­trags­an­pas­sung nach § 313 BGB grund­sätz­lich in Be­tracht kommt, blei­ben die Fra­gen, an de­nen sich die Geis­ter in der Pra­xis bis­lang schei­den, of­fen. § 313 BGB nor­miert als wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen, dass ei­ne An­pas­sung des Ver­trags ver­langt wer­den kann, so­weit ei­nem Teil un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de des Ein­zel­falls, ins­be­son­de­re der ver­trag­li­chen oder ge­setz­li­chen Ri­si­ko­ver­tei­lung, das Fest­hal­ten am un­ver­än­der­ten Ver­trag nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Nur wenn ei­ne An­pas­sung nicht mög­lich oder ei­nem Teil nicht zu­mut­bar ist, kann der Ver­trag ge­kün­digt wer­den. Ge­ra­de hier un­ter­schei­den sich die in der Pra­xis be­reits ge­trof­fe­nen Ur­tei­le. Und dann bleibt na­tür­lich noch die Fra­ge nach den Rechts­fol­gen (Miet­stun­dung, Miet­min­de­rung, Kün­di­gung, etc.).

Im Er­geb­nis wird es al­so wei­ter­hin auf ei­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung zwi­schen Mie­ter und Ver­mie­ter im Ein­zel­fall hin­aus­lau­fen. Mög­li­cher­wei­se wird die In­ter­es­sen­ab­wä­gung in fast iden­ti­schen Fäl­len zu un­ter­schied­li­chen Er­geb­nis­sen füh­ren, et­wa dann, wenn der Ver­mie­ter in ei­nem Fall ei­ne Pri­vat­per­son mit ge­rin­ger Li­qui­di­tät ist und im an­de­ren Fall bei­spiels­wei­se ein in­sti­tu­tio­nel­ler An­le­ger mit ho­her Li­qui­di­tät.

Für Ver­mie­ter wie Mie­ter wird dies zu­nächst wei­ter­hin be­deu­ten, vor­zugs­wei­se ge­mein­sam ei­ne ein­ver­nehm­li­che Lö­sung an­zu­stre­ben, da Klar­heit für die Ver­trags­an­pas­sung im Ein­zel­fall von der an­ge­kün­dig­ten Ver­mu­tungs­re­ge­lung nicht zu er­war­ten sein dürf­te.

Aus­wir­kun­gen auf das Miet­recht:

Die­ser Be­schluss be­darf noch der ge­setz­li­chen Um­set­zung. Die Bun­des­mi­nis­te­rin der Jus­tiz hat be­reits an­ge­kün­digt, dass der Bun­des­tag noch 2020 ein Ge­setz ver­ab­schie­den soll, wel­ches die Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge re­gel­mä­ßig als Grund für Ge­wer­be-Miet­re­du­zie­run­gen in Co­ro­na-Zei­ten an­er­kennt. Es ist zu hof­fen, dass der Ge­setz­ge­ber mehr Klar­heit bringt. Auf­grund des Be­schlus­ses, der sich nur mit dem all­ge­mei­nen Leis­tungs­stö­rungs­recht (§ 313 BGB) be­schäf­tigt, stellt sich die Fra­ge, ob die An­wen­dung von § 313 BGB die An­wen­dung des (spe­zi­el­le­ren) miet­recht­li­chen Leis­tungs­stö­rungs­rechts (§§ 535 ff BGB) aus­schließt oder die­ses wei­ter­hin an­wend­bar bleibt. Auch ist un­klar, ob § 313 BGB bei nach Aus­bruch der Pan­de­mie bzw. nach dem ers­ten Lock-Down ab­ge­schlos­se­nen Miet­ver­trä­gen an­wend­bar ist. Bei der­ar­ti­gen Miet­ver­trä­gen dürf­ten die Ver­trags­par­tei­en in Kennt­nis der Pan­de­mie und ei­nes et­wai­gen wei­te­ren Lock-Downs ge­han­delt ha­ben, so dass § 313 BGB auf die­se Ver­trä­ge ei­gent­lich nicht (mehr) an­wend­bar ist. Dies hät­te zur Fol­ge, dass der Be­schluss nur Aus­wir­kung auf Miet­ver­trä­ge hät­te, die bis kurz nach dem ers­ten Lock-Down ge­schlos­sen wor­den sind. Ob der Ge­setz­ge­ber ei­ne Ant­wort zu den vor­ste­hen­den Fra­gen lie­fert oder die Rechts­la­ge bzw. Rechts­fol­gen wei­ter­hin für Mie­ter und Ver­mie­ter un­ge­wiss blei­ben, ist ab­zu­war­ten.

 

Verfasst von Markus Franken and Dr. Martin Haase.

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