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Da die Hotelbranche durch Absage von Reisen und Veranstaltungen aufgrund des Corona-Virus stark betroffen ist, stellt sich die Frage, ob die Miete gemindert werden kann oder der Betreiber einen Anspruch auf Stundung der Miete hat. Die Ausführungen zur Miete gelten analog auch für die zu zahlende Pacht in Pachtverträgen.
Die Hauptpflicht des Mieters in einem Mietvertrag ist die Verpflichtung zur Zahlung der Miete. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Mieter zur Zahlung der Miete auch verpflichtet bleibt, wenn er die Mietsache aus in seiner Person oder seiner Risikosphäre liegenden Gründen nicht oder nur eingeschränkt nutzt oder nutzen kann, obwohl der Vermieter ihm die Gebrauchsmöglichkeit weiterhin einräumt (vgl. vor allem § 537 Abs. 1 BGB). Vom Grundsatz her hat der Hotelmieter daher im Fall ausbleibender Buchungen sowie Stornierungen und auch bei einer durch den Mieter selbst vorgenommenen Betriebsschließung aufgrund des Corona-Virus den Mietzins weiterhin in der vereinbarten Höhe zu entrichten.
Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB ist die Miete gemindert, wenn die Mietsache einen Mangel hat, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt. Wesentlich ist daher, dass die Mietsache selbst einen solchen Mangel aufweist. Sehr eingeschränkt erkennt die Rechtsprechung auch Umgebungsmängel als Mangel der Mietsache an, wenn sie sich unmittelbar auf den Gebrauch der Mietsache auswirken (z.B. eingeschränkte Zugangsmöglichkeit wegen Baumaßnahmen). Das Corona-Virus und den dadurch verursachten Nachfrageeinbruch wird man wohl nicht als Mangel der Mietsache einstufen können, da die Nutzung der Mietsache uneingeschränkt weiterhin möglich ist – lediglich die Nachfrage hiernach ist drastisch gesunken. Eine Mietminderung aus diesem Grund ist daher nicht möglich.
Anders könnte die Rechtslage jedoch im Fall von behördlichen Beschränkungen und Verboten zum Betrieb von Hotels aufgefasst werden. Abhängig vom Inhalt und der Begründung eines solchen Verbots könnte es als die Verwirklichung eines Betriebsrisikos einzustufen sein (welches in den Risikobereich des Mieters fiele und dementsprechend nicht zu einer Minderung der Miete führen würde). Andererseits könnte die Ausgestaltung auch zu der Auslegung führen, der Vermieter könne dem Mieter den Mietgegenstand nicht mehr zum vereinbarten Mietzweck (Betrieb eines Hotels) zur Verfügung stellen. In diesem Fall wäre eine Minderung der Miete gegeben. Ein Urteil des Reichsgerichts vom 9. November 1915, welches sich mit der möglichen Mietminderung für ein Tanzlokal wegen der polizeilichen Untersagung von Tanzveranstaltungen beschäftigte, kam zu letzterem Ergebnis; inwieweit diese Grundsätze (noch immer) anwendbar sind, bleibt im Einzelfall zu prüfen. Ob eine Mietminderung im Fall eines behördlichen Verbots zum Betrieb von Hotels tatsächlich möglich ist, wird im Wesentlichen aber von den Regelungen des Mietvertrages (insbesondere wenn darin Vereinbarungen zur Risikoverteilung bezüglich behördlicher Vorgaben enthalten sind) sowie dem genauen Inhalt eines etwaigen Verbots abhängen.
Das Gesetz sieht neben der „klassischen“ Mietminderung einen Fall vor, in dem der Mieter aufgrund in seiner Sphäre liegender Umstände an der Ausübung des Gebrauchsrechts der Mietsache gehindert wird (§ 537 Abs. 1 BGB). Das Risiko hierfür ist zwar ausdrücklich dem Mieter auferlegt, allerdings muss der Vermieter sich den Wert ersparter Aufwendungen und Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt. Die Rechtsprechung wendet diese Regelung analog auf den Fall des freiwilligen Gebrauchsverzichts durch den Mieter an (dies könnte man z.B. im Fall einer Betriebsschließung andenken), weshalb sich der Vermieter die infolge des Nichtgebrauchs ersparten Aufwendungen und Vorteile anrechnen lassen muss. Zwar wird der Vermieter das betroffene Hotel nicht an einen Dritten vermieten können, jedoch besteht die Möglichkeit, dass Betriebs- sowie Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten gespart werden. Diese Ersparnis müsste der Vermieter sich anrechnen lassen und dem Mieter gutschreiben. Praktisch besteht aber das Problem, eine solche Ersparnis nachzuweisen und die Frage, ob entsprechende Effekte bereits bei einer – hoffentlich nur kurzen – Betriebsunterbrechung oder zumindest geringeren Nutzung der Hotels entstehen.
In Betracht könnte in Einzelfällen eine Anpassung der vertraglich vereinbarten Miete oder auch eine vorübergehende Stundung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen höherer Gewalt kommen. Verändert sich die Geschäftsgrundlage eines Vertrages nach seinem Abschluss schwerwiegend oder entfällt sie ganz, so kann dies einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages begründen, wenn die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten, hätten sie die Veränderung vorausgesehen und wenn einer Partei das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist.
Zu bewerten ist daher, (i) ob die Parteien eine abweichende vertragliche Regelung getroffen hätten, hätten sie den Ausbruch einer Epidemie mit den gegenwärtigen Auswirkungen vorausgesehen und (ii) ob dem Mieter das Festhalten am unveränderten Vertrag zumutbar ist. Zu beachten ist dabei allerdings, dass der BGH für Gewerberaummietverträge immer wieder betont hat (vgl. u.a. BGH XII ZR 131/08 v. 03.03.2010), dass es in den Verantwortungsbereich des Mieters von Gewerberaum fällt, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der von ihm gewählten Lage abzuschätzen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber selbst in dem am 25.03.2020 vom Bundestag verabschiedeten Entwurf des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht betont, dass die Mietzahlungspflicht des Mieters weiter besteht. Es wurde explizit keine Aussetzung der Leistungspflicht (wie im Moratorium für andere Verträge) oder eine Stundung von Mietzahlungen (wie für Verbraucherdarlehensverträge) in das Gesetz aufgenommen.
Im Hinblick auf die Frage, ob bezüglich der Miete oder der Mietzahlungsmodalitäten eine abweichende vertragliche Regelung getroffen worden wäre, kommt es insbesondere auf die Umstände des Einzelfalls und die Verhandlungshistorie an. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass die Parteien eine vertraglich vereinbarte Festmiete und deren Zahlungsmodalitäten so wie im Vertrag dokumentiert vereinbart haben, weil sie es als angemessene Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Hotels an den Mieter eingestuft haben. Gegen eine solche Annahme spricht vor allen Dingen, dass alternativ zur Festmiete (oder zumindest eines Teils davon) die Vereinbarung einer umsatz- oder gewinnabhängigen Miete oder auch eine so genannte Cap-Klausel (welche etwaige Verluste des Mieters aus dem Hotelbetrieb auf einen Maximalbetrag limitiert) möglich gewesen wäre; solche Vereinbarungen sind in Hotelmietverträgen nicht unüblich. Die Tatsache, dass eine solche Vereinbarung nicht getroffen wurde, spricht stark dafür, dass eine Beteiligung des Vermieters an den Risiken (wie auch den Chancen) des Hotelbetriebes in Form einer Anpassung der Miete abhängig vom Erfolg des Hotels gerade nicht gewollt war. Ein Korrektiv über die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage könnte daher zu Ergebnissen führen, die zumindest von Vermieterseite gerade nicht gewollt gewesen wären – auch oder insbesondere, wenn die Parteien die gegenwärtige Situation voraus gesehen hätten. In Bezug auf eine Stundung der Miete in besonderen Fällen wird wohl auch anzunehmen sein, dass eine abweichende vertragliche Regelung zumindest von Seiten des Vermieters wohl nicht getroffen worden wäre, insbesondere wenn im Mietvertrag Regelungen enthalten sind, wonach bei mehrfach verspäteten Mietzahlungen ein Sonderkündigungsrecht des Vermieters besteht, weil hierdurch nochmals das Interesse des Vermieters an regelmäßig eingehenden Mietzahlungen dokumentiert wird.
Bei einer rein rechtlichen Betrachtung ist wohl davon auszugehen, dass vorerst die Mietzahlungspflicht für Hotelbetreiber (bezüglich der Festmiete oder Festmietkomponente) unverändert fortbesteht. Da die konkrete Situation und auch die Notlage, die hierdurch für viele Hotelbetreiber entsteht, in der Öffentlichkeit aber bekannt sind, empfiehlt es sich bei Liquiditätsschwierigkeiten in jedem Fall, das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen und/oder nach Möglichkeit Vereinbarungen über Mietstundungen oder vorübergehende Mietreduzierungen zu treffen; keinesfalls ist zu empfehlen, unangekündigt und unabgesprochen Mietzahlungen einfach auszusetzen. Solche Vereinbarungen können dem Mieter auch die notwendige Zeit verschaffen, die Inanspruchnahme der nun vom Gesetzgeber eingeführten staatlichen Hilfsinstrumente in Anspruch zu nehmen (z.B. Einführung von Kurzarbeit, Steuerstundungen, Aufnahme von Krediten). Letztendlich kommt die aktive Einleitung von Maßnahmen zur Überwindung der Krise auch den Vermietern zugute, da sie helfen kann, den vollständigen Ausfall des Mieters zu verhindern.
Neben der Frage der Mietminderung stellen sich im Zusammenhang mit dem Corona Virus auch weitere rechtliche Fragen für Hotelbetreiber und Eigentümer, wie zum Beispiel das Recht zur Einstellung des Betriebes (vgl. dazu auch unser Blog-Beitrag vom 13. März 2020), die Möglichkeit von Kurzarbeit, staatliche Hilfen oder die Auswirkungen auf bestehende Finanzierungen. Sehen Sie hierzu auch unsere weiteren Blog-Beiträge sowie die FAQ aus unseren Webinaren am 24. und 25. März 2020.
Verfasst von Marc P. Werner.