
Unser interaktiver AI Hub informiert über Trends und Entwicklungen
Transaktionen im Bestand und Forward Deals
Seit der Erholung der Finanzmärkte nach der Finanzkrise 2008 und dank nachhaltig niedrigem Zinsniveau befinden sich die Immobilienmärkte in einer bereits längere Zeit andauernden Aufwärtsbewegung. Nach wie vor wird erwartet, dass sich die Entwicklung der Immobilienmärkte weiter fortsetzt und die Immobilie ein beliebtes Anlage-Asset für nationale und internationale Investoren bleibt. Aufgrund der hohen Nachfrage werden Bestandsimmobilien in der Regel in Bieterverfahren, immer kürzeren Transaktionszeiträumen und häufig unter Ausschluss jedweder Gewährleistung verkauft. Ähnliche Risikoverschiebungen sind bei Projektentwicklungsimmobilien, die immer früher verkauft werden, zu beobachten. Sowohl Verkäufer als auch Anleger stellt dies vor besondere Herausforderungen. Einerseits wollen sich die Anleger ein hochwertiges Produkt frühzeitig sichern, andererseits müssen Projektentwickler die entsprechenden Risiken abbilden und Mechanismen finden, im Bauprozess die notwendige Flexibilität zu behalten. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die unterschiedlichen Strukturen und Entwicklungen bei Transaktionen und insbesondere bei Forward Deals geben.
Bei den Immobilientransaktionen wird allgemein zwischen Asset- und Share-Deals sowie zwischen Transaktionen mit Bestandsimmobilien und – bezogen auf Projektentwicklungen – Forward-Deals unterschieden. Innerhalb der Forward-Deals unterscheidet man zwischen den einfachen Forward-Deals und den Forward-Funding-Deals. Sowohl Transaktionen mit Bestandsimmobilien als auch jede Art von Forward-Deal ist als Asset- oder Share-Deal möglich.
Der Asset-Deal ist die klassische Form der Immobilientransaktion. Es wird eine Immobilie – entweder als Transaktion einer Bestandsimmobilie oder in einer Form des Forward-Deals – vom Eigentümer an den Käufer als neuen Eigentümer übertragen. Unabhängig von den sonstigen Vermögensgegenständen, die der Verkäufer haben mag, geht nur das Eigentum an der verkauften Immobilie auf den Käufer über.
Im Gegensatz dazu wird beim Share-Deal die Gesellschaft, die Eigentümerin der Immobilie ist, in ihrer Gesamtheit verkauft, wobei es sich dabei um Personen- als auch um Kapitalgesellschaften handeln kann. Dies ist der Grund, weshalb Immobilien häufig in reinen Objektgesellschaften gehalten werden. Kaufgegenstand sind in diesem Fall die Anteile (Shares) der Gesellschaft. Der Käufer übernimmt mit dem Wechsel der Shares alle Rechte und Pflichten dieser Gesellschaft, d.h. nicht nur die Immobilie selbst. Hierzu zählen auch alle sonstigen vertraglichen Verpflichtungen und steuerlichen Verbindlichkeiten, d.h. auch alle nicht verjährten Forderungen aus der Vergangenheit, noch bestehende Verbindlichkeiten aus der Bauphase, die Auszahlung von Gewährleistungseinbehalten sowie auch für die Steuern auf der Gesellschaftsebene. Insbesondere die latenten Steuern aus mitunter erheblichen Buchgewinnen bei Projektentwicklungen stellen ein nicht zu unterschätzendes, steuerliches Risiko v.a. bei Forward-Deals im Share-Deal dar.
Auch wenn die Grunderwerbsteuer und auch die Notarkosten beim Share-Deal häufig niedriger sind als bei einem Asset-Deal, sind die Risiken deutlich höher. Im Rahmen der Due Diligence müssen nicht nur die Immobilie, sondern auch die sonstigen rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse der Gesellschaft geprüft werden. Um die Grunderwerbsteuer zu sparen, darf der Käufer nach derzeitiger Gesetzeslage – direkt oder indirekt – nicht mehr als 95 % der Anteile an einer Objektgesellschaft erwerben. Der Verkäufer muss auf die Dauer von 5 Jahren mehr als 5 % der Gesellschaftsanteile behalten. Mit der Reform des Grunderwerbsteuergesetzes, die im 1. Halbjahr 2020 in Kraft treten soll, ändern sich die Haltedauer von 5 auf voraussichtlich 10 Jahre sowie der Prozentsatz von 95 % auf 90 %; auch heute wird bereits empfohlen, diese Prozentsätze zu beachten. Auch ist bei Share-Deals mit höheren Due Diligence Kosten sowie Beratungskosten während der Haltedauer der verbleibenden Shares beim Verkäufer zu rechnen. Wegen der beim Forward-Deal in der Regel noch nicht absehbaren Risiken, die sich v.a. aus der Bauphase für die Gesellschaft ergeben können, wird für Forward-Deals in der Regel der Asset-Deal gewählt.
Die einfachste Transaktionsstruktur ist der Kauf bzw. Verkauf einer Bestandsimmobilie. Auch bei Immobilien aus der Projektentwicklung heraus ist der Verkauf als Bestandsimmobilie möglich. Voraussetzung ist lediglich, dass die Projektentwicklung abgeschlossen, das heißt die Immobilie hergestellt und die Mieter eingezogen sind.
Zu beachten ist, dass mit der hohen Nachfrage nach Bestandsimmobilien bei zum Teil deutlich gestiegenen Kaufpreisen vor allem in guten Lagen sich auch die Transaktionszeiträume und die Bereitschaft der Verkäufer, Gewährleistungen zu geben, gewandelt hat. Während noch vor einigen Jahren ausgewogene Gewährleistungen und Garantien verkäuferseits gegeben und die Transaktion in angemessenen Zeiträumen durchgeführt wurden, ist zu beobachten, dass die Transaktionszeiträume gestrafft und der Gewährleistungs- und Garantienkatalog auf ein Minimum beschränkt wird. Insbesondere ist die Bereitschaft, Gewährleistungen auf die Bauleistung und die Gebäudesubstanz zu geben, deutlich gesunken. Auch dies mag einer der Gründe sein, warum auch institutionelle Anleger inzwischen Forward-Deals akzeptieren.
Mit Forward-Deal bezeichnet man solche Transaktionen, bei denen die Immobilien aus der Projektentwicklung heraus vor Fertigstellung, mitunter sogar vor Baurechtsschaffung oder vor Baubeginn und/oder Vermietung erworben werden.
Innerhalb der Forward-Deals wird zwischen dem einfachen Forward-Deal und dem Forward-Funding-Deal unterschieden. Wichtigstes Unterscheidungskriterium ist nicht der Abschluss des Kaufvertrages – bei beiden Vertragsarten erfolgt der Kauvertragsabschluss vor Fertigstellung der Immobilie – sondern der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung. Soweit bei Abschluss des Kaufvertrages eine Vollvermietung noch nicht gegeben war, sind häufig Konstellationen zu finden, die eine Kaufpreisnachbesserung bei weiterer Vermietung vorsehen.
Beim Forward-Deal erfolgt keine finanzielle Beteiligung des Käufers an der Projektentwicklung. Vielmehr erfolgen die Übernahme des Kaufobjektes und die Kaufpreiszahlung erst nach Fertigstellung und Abnahme der Bauleistung sowie Einzug der Mieter und ersten vorbehaltslosen Mietzahlung.
Beim Forward-Funding-Deal hingegen beteiligt sich der Käufer finanziell an der Projektentwicklung in Form einer ratierlichen Zahlung des Kaufpreises. In der Regel wird die erste Kaufpreisrate – die sogenannte „Grundstücksrate“ – relativ früh, nämlich nach Eintragung der Auflassungsvormerkung, Vorlage der für die Pfandfreimachung erforderlichen Löschungsbewilligungen sowie Vorlage der erforderlichen behördlichen Genehmigungen und Vorkaufsrechtsverzichtserklärungen fällig. Danach erfolgt eine Kaufpreiszahlung in Raten je nach Baufortschritt, lediglich eine Schlussrate wird erst nach Übernahme des Kaufobjektes und Abnahme der Bauleistung sowie Einzug der Mieter gezahlt.
Forward-Deals bieten Vorteile und Risiken für beide Seiten. Der Verkäufer hat in einem sehr frühen Stadium bereits die Sicherheit, sein Produkt verkauft zu haben und kann sich damit die Finanzierung erleichtern. Projektentwicklungen nehmen meist mehrere Jahre in Anspruch, in der sich Bedarfe und Nachfrage auch ändern können. Der Käufer hat die Möglichkeit, sich in einem sehr frühen Stadium ein Investitionsprodukt zu sichern und kann sogar – je nach Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages – das Bausoll überwachen und gegebenenfalls auf die Bauausführung und Qualitäten Einfluss nehmen. Ein käuferseitiges Monitoring auf der Baustelle bringt aber auch erhöhten Aufwand und Abstimmungsbedarf auf der Baustelle zulasten des Verkäufers mit sich und führt insbesondere zu einer Einschränkung der Freiheit bei Änderungen des Bausolls, Terminen, Produktauswahl im Innenausbau usw., ist aber käuferseits in der Regel erforderlich, um die zum Teil hohen investmentrechtlichen Vorgaben der Fonds-Anleger zu erfüllen. Für den Verkäufer kann dies aber dann von Vorteil sein, wenn er, v.a. bei Spezial- und Sonderimmobilien, mit dem Käufer auch einen Partner mit zusätzlichem Know-how bekommt, mit dem er die Risiken der Projektentwicklung teilen kann. Je nach Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und je nachdem, ob es sich um einen Forward-Deal oder Forward-Funding-Deals handelt, tragen Käufer und Verkäufer die Risiken der Projektentwicklung in unterschiedlichem Maße.
Um die Risiken in den immer komplexer werdenden Kaufverträgen richtig abzubilden und der jeweiligen Vertragspartei zuzuordnen, ist zunächst die richtige Einordnung der Vertragsstruktur erforderlich. Beim Forward-Deal handelt es sich um einen typengemischten Vertrag aus einer Kombination zwischen Kaufvertrag und Bauvertrag. Kauvertragliche Elemente sind die Verpflichtung zur Übereignung des Grundstückes mit allen aufstehenden bzw. zu errichtenden Gebäuden. Bauvertragliche Elemente sind die Verpflichtung zur vollständigen, bezugsfertigen und mangelfreien Errichtung bzw. Revitalisierung des Gebäudes. Zur Anwendung kommen daher neben den kaufvertraglichen Vorschriften die werkvertraglichen Vorschriften des BGB und die Bestimmungen der VOB/B. Denn der Verkäufer erbringt neben den üblichen kaufvertraglichen Leistungen auch Werkleistungen gegenüber dem Käufer. Es muss daher bereits bei Beginn der Vertragsverhandlungen die grundlegende Entscheidung getroffen werden, ob der Verkäufer selbst im Rahmen des Werkvertragsrechts haften soll, oder – so inzwischen häufig – er lediglich seine Ansprüche gegen die ausführenden Werkunternehmer/den Generalunternehmer abtritt. In diesen Fällen besteht die Kunst der Vertragsgestaltung darin, die Abtretung so zu gestalten, dass dem Werkunternehmer keine Einreden aus einem nicht erfüllten Bauvertrag – z.B. nicht gezahlte Rechnungen oder Gewährleistungsverzichte gegen Minderung u.ä. – entgegen stehen.
Da in jedem Fall des Forward-Deals das zu erwerbende Produkt noch nicht hergestellt und meist auch noch nicht bzw. nicht vollständig vermietet ist, sind Voraussetzung eine genaue Definition des Kaufgegenstandes in Form einer detaillierten Baubeschreibung sowie eine Beschreibung der zukünftigen Mieterstruktur in Form eines entsprechenden Anforderungskataloges und ein Zeitplan für die Abwicklung. Wenn allerdings die Baugenehmigung – was häufig der Fall ist – noch nicht vorliegt, muss so viel Flexibilität verbleiben, dass behördliche Auflagen aus der Baugenehmigung umgesetzt werden können, ohne vertragliche Vorgaben zu verletzen. Gleiches gilt für den Innenausbau. Jeder Mieter hat in der Regel andere Vorstellungen, wie seine Räumlichkeiten gestaltet werden sollen. Auch hier muss die Baubeschreibung so flexibel sein, dass Mieterwünschen Rechnung getragen werden kann. Ferner ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Mieter für jeden Investor gleichermaßen attraktiv ist. Zum einen sind die Eckpunkte der Mietverträge und die kaufmännischen Parameter der Vermietung im Vorfeld festzulegen. Dies gilt vor allem dann, wenn im Nachhinein eine Kaufpreisbesserung anhand des Vermietungserfolges möglich sein soll. Wichtig sind daher die Range in der sich die Mieten und v.a. die Incentives bewegen dürfen, die Wertsicherungsregelungen und Laufzeiten der Mietvertrag, die Umlagefähigkeit der Betriebskosten und inwieweit sich der Mieter an Wartung, Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung des Mietobjektes und der Gemeinschaftsanlagen zu beteiligen hat. Ferner ist zu vereinbaren, ob die Vermietung an einen Mieter, der keine umsatzsteuerpflichtigen Geschäfte tätigt, überhaupt gestattet werden soll. Auch auf die Anforderungen im Hinblick auf die Person und den Geschäftszweck des Mieters und dessen Solvenz sollte man sich im Vorfeld einigen.
Aufgrund der Forward-Struktur sind daher neben den üblichen Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzungen besondere Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzungen für die Endfälligkeit – bzw. gestaffelt bei Forward-Funding – erforderlich, nämlich:
Abnahme der fertig gestellten Bauleistungen, und zwar Abnahmereife gegenüber den am Bau beteiligten Bauunternehmen und gemeinsame Abnahme durch den Verkäufer und Käufer (bzw. Nachweis entsprechender Baufortschritte bei ratierlicher Zahlung)
Vorliegen der Baugenehmigung und der behördlichen Inbetriebnahmegenehmigungen
Einigung über die Mängelbeseitigung und ihre Kosten, gegebenenfalls durch Einschaltung eines Sachverständigen
Erreichung eines bestimmten Vermietungszustandes, insbesondere durch Abschluss der entsprechenden Mietverträge, in Vollzugsetzung der Mietverträge (Einzug der Mieter, Leistung der Mietkaution, Ablauf der mietfreien Zeiträume, vorbehaltlose Zahlung einer vollständigen Miete)
Vorlage der Gewährleistungssicherheiten der am Bau beteiligten Unternehmen
Dem Käufer steht in der Regel ein Rücktrittsrecht zu, wenn das zu liefernde Produkt nicht rechtzeitig oder nicht in der gewünschten Qualität oder nicht im vereinbarten Vermietungsstatus übergeben werden kann. Der Käufer im Forward-Deal riskiert daher letztlich nur die Transaktionskosten.
Da beim Forward-Funding-Deal der Kaufpreis ratierlich gezahlt wird, sind aus der Sicht des Käufers Absicherungen für Kaufpreisraten erforderlich. Zum einen trägt der Käufer das Insolvenzrisiko des Verkäufers. Auch das Risiko der Erhöhung der Baukosten z.B. durch Insolvenzen der Bauunternehmen oder wenn sich Baugrundrisiken verwirklichen, die der Verkäufer nicht einkalkuliert hat oder durch ursprünglich nicht kalkulierte Bauleistungen werden letztlich durch den Käufer mitgetragen. In der Regel versuchen Käufer sich gegen diese Risiken durch Vertragserfüllungsbürgschaften von Kreditinstituten, die der Verkäufer stellen muss, oder Patronatserklärungen bzw. Bürgschaften von Muttergesellschaften des Verkäufers abzusichern. Festzustellen ist allerdings, dass insbesondere die Absicherung durch Bürgschaften Dritter nur noch selten durchsetzbar ist. Eher durchsetzbar sind Eintrittsrechte in die vom Verkäufer geschlossenen Generalunternehmer- bzw. Generalübernehmerverträge. Dies ermöglicht dem Käufer im Falle der Fälle einen Teilrücktritt und so das unfertige Bauprojekt zu übernehmen, den Leistungsstand abzurechnen und auf eigene Kosten und eigenes Risiko fertig zu stellen. Voraussetzung dafür, dass dies eine adäquate Absicherung ist, ist die Vereinbarung von Kaufpreisraten, die jeweils den Wert des Kaufgegenstandes (einschließlich der zum jeweiligen Zeitpunkt erbrachten Leistungen) nicht bzw. nicht wesentlich übersteigen. Auch wenn dies in der Regel trotzdem teurer ist und auch das Risiko der nicht rechtzeitige Fertigstellung im Verhältnis zu den Mietern in sich trägt, ist das Projekt für den Käufer in diesem Fall nicht vollständig „verloren“. Käuferseitige Rücktritte hingegen helfen dem Käufer im Rahmen eines Forward-Funding-Deals selten. Denn im Rahmen der Projektentwicklung operieren die Projektentwickler häufig in Objektgesellschaften; die vereinnahmten Raten werden für die Zahlung der Bauleistung und sonstiger Kosten verwendet, so dass die nach Rücktritt entstehenden Rückgewähransprüche einmal gezahlter Kaufpreisraten häufig nicht realisiert werden können.
Im Ergebnis gilt jedoch – ein gut vorbereiteter Forward-Deal kann für beide Parteien vorteilhaft sein. Die zweifellos bestehenden Risiken lassen sich durch eine sorgfältige Due Diligence sowie sinnvolle Vertragsgestaltung gut abbilden und fair lösen.
Dieser Artikel ist auch erschienen in: Immobilien & Finanzierung, Heft 05/2020 (Seite 14-16).
Verfasst von Sabine Reimann