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Hat sie oder hat sie nicht? Aktuell muss sich Cathy Hummels, prominente Fußballer-Frau und Internet-Influencerin, vor dem Münchener Landgericht verantworten, weil einige ihrer Instagram-Posts Schleichwerbung darstellen sollen. Der Verband Sozialer Wettbewerb stößt sich daran, dass sie in ihren Beiträgen Links zu verschiedenen Firmen gesetzt hatte. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst", wehrte Cathy Hummels die Vorwürfe vor Gericht ab – denn sie habe dafür gar keine Gegenleistung erhalten. Ende April wird ein Urteil erwartet.
Genau diese Frage ist unter Juristen heiß umstritten: Ist es eine geschäftliche Handlung, wenn Internet-Promis Waren und Dienste präsentieren und im Gegenzug nichts dafür bekommen? Was bedeutet diese Unklarheit für Unternehmen, die bei ihrem Marketing auf Influencer setzen? Sechs Fragen an Sabrina Dücker und Nele Todsen, Expertinnen für Gewerblichen Rechtsschutz bei Hogan Lovells in Hamburg.
Die Frage der Kennzeichnungspflicht ist noch nicht höchstrichterlich geklärt und daher Anlass zahlreicher juristischer Auseinandersetzungen. Auch und leider gerade die Rechtsprechung selbst hat zu der misslichen Lage beigetragen. So führte ein Urteil des Landgerichts Berlin (Az.: 52 O 101/18) aus Mai 2018 dazu, dass Influencer faktisch jeden Beitrag als Werbung kennzeichneten. Hier hatte das zweitinstanzliche Urteil des Kammergerichts Berlin aus Januar 2019 (Az.: 5 U 83/18) zunächst für etwas Klarheit gesorgt: Danach sind selbst Beiträge, die Links zu Internetauftritten von Produktanbietern enthalten, nicht generell kennzeichnungspflichtig. Und zwar dann nicht, wenn sie auf selbstgekaufte Produkte hinweisen und ausschließlich einen redaktionellen, also keinen werbenden Inhalt haben. Das Gericht hatte dabei auch die besonderen Umstände sozialer Netzwerke im Blick: Besucher eines bestimmten Accounts erwarten einen Link zum jeweiligen Produkt bzw. der jeweiligen Dienstleistung und nicht bloß Informationen, die eine eigenständige Recherche erfordern.
Das aktuelle Urteil des Landgerichts Karlsruhe in Sachen Pamela Reif (Az.: 13 O 38/18) wiederum kommt zu einer anderen Einschätzung: Unentgeltliche Posts stünden in einem "unauflösbaren Kontext mit bezahlten Werbebeiträgen" und seien daher kennzeichnungsbedürftig. Ein Influencer fördere durch seine Posts auch das eigene Unternehmen, sei doch jeder (gerade auch private) Post darauf ausgelegt, die Zahl der Follower und damit den eigenen Markt- bzw. Werbewert zu steigern. Dies gilt in Abweichung von der Rechtsprechung des Kammergerichts jedenfalls dann, wenn der Post sogenannte "Tap Tags" bzw. Verlinkungen auf Unternehmen enthält. Obwohl die vorgenannte Argumentation des Landgerichts Karlsruhe konsequent zu Ende gedacht eigentlich bedeuten müsste, dass Influencer auch rein private Posts (wichtig zum Erhalt ihrer Authentizität) als Werbung kennzeichnen müssten, da sie damit ihr eigenes Unternehmen fördern, erklärt das Gericht am Ende seines Urteils, dass es Influencern unbenommen sei, Texte mit Fotos zu kombinieren, solange sie nicht – inhaltlich zusammenhanglos – eine Verlinkung auf Herstellerseiten einbetteten. Wie die Influencer-Szene auf dieses Urteil reagieren wird, bleibt abzuwarten.
Das Kammergericht hat da eine klare Meinung: Es dient demnach nicht den Verbraucherinteressen, wenn jeder Beitrag mit oder als Werbung gekennzeichnet wird. Diese Praxis führe vielmehr dazu, dass solche Hinweise gar nicht mehr ernst genommen würden. Das Ziel der Kennzeichnungspflicht, den Verbraucher vor unüberlegten geschäftlichen Entscheidungen zu schützen, ließe sich dann nur schwerlich umsetzen.
Es besteht Anlass zu der Hoffnung, dass das Münchner Gericht die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin fortführen und weiteres Licht ins bisherige (Halb-)Dunkel bringen wird. Zumal die Vorsitzende Richterin zum Prozessauftakt hat durchblicken lassen, dass sie – zumindest in Teilen – Zweifel an der Argumentation des klagenden Verbands hat.
Zunächst sollten beide Seiten ihre Vorstellungen vertraglich und damit rechtsverbindlich festhalten. Dabei sollten konkrete Pflichten der Vertragspartner genauso geklärt werden wie die Vergütung und Fragen der Haftung (siehe dazu jeweils in der Checkliste).
Die Kennzeichnung von Bildern, Videos und anderen Beiträgen sollte klar und eindeutig geregelt werden. Aufgepasst werden muss dabei zudem darauf, ob neben deutschsprachigen Adressaten auch in nicht unerheblicher Zahl fremdsprachige Kundschaft angesprochen wird. Dann sollte man zur zweisprachigen Kennzeichnung greifen. Vermieden werden müssen unbedingt Hinweise in "Hashtag-Wolken" (kaum zu erkennen), am Ende von Posts (leicht zu übersehen) oder in abgekürzter Form wie "#ad" oder "#spon" (un- bzw. missverständlich).
Ja, empfehlenswert ist für Unternehmen auch die Erstellung einer Social-Media-Policy, also firmeninterner Leitlinien – gerade auch für die eigene Marketingabteilung eines Unternehmens als Grundlage für Verhandlungen mit dem Influencer. Diese sollte den jeweiligen Markenkern herausarbeiten, klare Darstellungsvorgaben beinhalten und so vor allem einen einheitlichen Marken- und damit Marktauftritt sichern. Zudem können hier auch bereits Fragen des Influencer-Marketings, etwa, welche Kennzeichnungen zu verwenden sind und welchen Einfluss das Unternehmen auf den Inhalt der Posts nehmen kann, selbstverständlich mit fachlicher Hilfe, geregelt werden.
Die nachfolgende (keinesfalls abschließende) Checkliste versteht sich als eine Art Leitfaden und Zusammenstellung derjenigen Punkte, die im Rahmen einer Kooperation zwischen Unternehmen und Influencern stets Beachtung finden sollten:
Hier sollte kurz das Ziel der Kooperation beschrieben werden, womit auch eine ganz grobe Beschreibung der Tätigkeit einhergehen kann (Bsp.: "Darstellung des Unternehmens XY auf den Social-Media-Kanälen des Influencers zum Zwecke der Darstellung von XY-Produkten").
Möglicherweise ist ein zunächst befristetes Vertragsverhältnis für beide Seiten von Vorteil, wobei auch eine "Testphase" vereinbart werden kann.
Unter diesem Punkt sollte nun so genau wie möglich und so kurz wie nötig die Tätigkeit, sprich die Leistungspflicht des Influencers beschrieben werden.
Sind genaue Angaben (noch) nicht möglich, sollten jedenfalls die finanziellen "Größenordnungen" oder der Berechnungsmaßstab deutlich werden.
Festgehalten werden sollte zudem, in welcher Weise gegebenenfalls überlassene Produkte verwendet und vor allem wie sie möglicherweise nicht verwendet werden sollen.
Eine eindeutige, auf den ersten Blick erkennbare und für die Adressaten auch verständliche Kennzeichnung ist zwingend erforderlich (siehe oben).
Dieser Punkt stellt vor allem eine Ergänzung zu den Vereinbarungen bzgl. der Überlassung und Verwendung von Produkten dar. Geregelt werden sollte insbesondere, ob und wie die Produkte des betreffenden Unternehmens mit denen anderer Unternehmen verglichen werden dürfen, inwieweit eine parallele Tätigkeit des oder der Influencer/-in auch für solche andere Unternehmen möglich ist und wie mit Unternehmensinterna und Insiderinformationen umzugehen ist.
Der Verbleib der Produkte nach deren Verwendung durch den Influencer sollte geklärt werden.
Hier sollte geklärt werden, wer für die stete Beachtung urheber- und datenschutzrechtlicher Bestimmungen Verantwortung trägt (was – schon aus praktischen Erwägungen heraus – in der Regel der Influencer sein sollte), und wer wem für welchen Zeitraum möglicherweise Nutzungsrechte an den Ergebnissen der Kooperation einräumt.
Wie werden die Risiken im Falle der Beschädigung möglicherweise kostspieliger überlassener Produkte verteilt? Welche Sanktionen werden an sonstige Vertragsverstöße geknüpft? Wer haftet wie bei Verletzung von Rechten Dritter (z.B. Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte etc.)?
Geschrieben von Dr. Sabrina Duecker und Dr. Nele Julie Todsen